Normalerweise schreibe und überarbeite ich einfach so vor mich hin. Oft, während meine Familie um mich herumspringt. Und so lange mich niemand direkt anspricht, ist das meist auch kein Problem. Aber heute arbeite ich tatsächlich unter erschwerten Bedingungen, und das hört sich so an, wie in dem kleinen Video hier:
Toll, oder? Zwischenzeitlich klang es ein wenig so, als würden die Handwerker versuchen unser Haus abzureißen, dabei bauen sie nur eine neue Heizungsanlage ein. Unsere alte Gasheizung hat am Montag nach 28 Jahren dann doch mal den Geist aufgegeben, was unsere Jüngste auf die harte Tour erfahren musste: Das Duschwasser war kalt.
Also musste ich schnell eine Firma finden, die Ersatz beschaffen konnte, da unser Sanitärfachmann (der die Heizung auch eingebaut hatte) in Rente gegangen und aus Berlin weggezogen ist. Neue Kunden bei anderen Firmen werden derzeit allerdings gerne im Vorfeld wegen zu großer Arbeitsbelastung abgewimmelt, aber ich hatte das Zauberwort: Kohlenmonoxid.
Der Schornsteinfeger hatte kurz vorher eine erhöhte CO-Belastung bescheinigt, und da hat die erste angerufene Firma dann ein Einsehen gehabt. Dass man mit kleinen Kindern im Haus auch nicht ewig nur kaltes Wasser haben kann, war ein weiteres Argument.
Seit gestern dröhnt es also im ganzen Haus (und das wird mindestens noch bis morgen so sein). Zwischen Rooooar und Briiiiiiiiii und Unterhaltungen durch den Schornstein von oben nach unten und zurück ("Ey, du hast mir die Finger gequetscht!"), versuche ich einen weiteren Teil der Geschichte zu überarbeiten.
Dass es bisher weitgehend bei dem Versuch geblieben ist, merkt ihr daran, dass ihr jetzt diesen Text lesen könnt. Das fällt mir nämlich gar nicht schwer und fließt mir einfach so in die Tasten. Da dies aber ein Schreibtagebuch ist, verrate ich euch natürlich, was eigentlich der Plan war, bzw. wie meine Arbeitsweise ist:
Plotter? Pantser?
Unter uns Autor:innen gibt es die Plotter, die sich die komplette Handlung aufschreiben und die einzelnen Abschnitte dann mit Leben füllen. Und es gibt die Pantser. Das ist Neudeutsch für "Bauchschreiber". Pantser schreiben einfach drauflos, bis das Buch fertig ist. Oder, um bei der Wahrheit zu bleiben: Sie schreiben sie drauflos und produzieren jede Menge Plotlöcher, die sie hinterher mühsam füllen müssen, sowie Text, der an falschen Stellen aufpoppt und verschoben werden muss. Es hat mich allerdings sehr beruhigt zu hören, dass auch Plotter vor solchen chirurgischen Eingriffen in ihr Manuskript nicht verschont bleiben.
Und dann gibt es noch Autor:innen wie mich, die ein bisschen plotten und den Rest dann doch aus dem Bauch heraus schreiben. Jemand (ich bin so vergesslich, leider weiß ich nicht mehr wer das war) nannte diese Hybridform kürzlich Plontser.
Plontsen heißt in meinem Fall: Ich kenne den Anfang, ich kenne wichtige Figuren sowie einige Ereignisse, die unbedingt vorkommen sollen. Das Ende kenne ich nicht unbedingt. Während des Schreibens "flattert" der Plot immer ein bisschen voran, sodass ich eine grobe Orientierung habe.
Überarbeiten
Ich schaffe es auch nicht, den ganzen Text erst einmal "schlecht" herunterzuschreiben, wie es etwa für den NaNoWriMo empfohlen wird, um die 50.000 Wörter tatsächlich in vier Wochen hinzukriegen. Eine prima Methode übrigens, um den inneren Kritiker auszuschalten. Einfach schreiben und den Text später hübsch machen.
Das schaffe ich aber bloß mal einen oder zwei Tage. Meist nehme ich mir den Text vom Vortag und schleife ihn, bis ich zufrieden bin. Im Falle von ÜBERDOSIS ROCKMUSIK habe ich auch den ganzen bereits überarbeiteten Text, den ich vor der jahrelangen Pause geschrieben habe, noch mehrmals überarbeitet.
Damals hatte ich noch viele offene Fragen bzgl. einiger Figuren und Settings, weil ich mich einfach nicht festlegen konnte oder wollte. Dazu habe ich mich ausführlicher drüben in meinem Autorenblog ausgelassen. Ohne diese Entscheidungen konnte ich an manchen Stellen einfach nicht weiterschreiben. Deshalb habe ich knallharte Entscheidungen getroffen, als ich das Manuskript im April wieder hervorkramte. Da ich in all den Jahren vollkommen die Verbindung zu den Figuren und zur Story verloren hatte, fiel es mir auch nicht mehr so schwer, all die Möglichkeiten einfach zu streichen, an denen ich damals noch gehangen hatte.
Dieses Festlegen ermöglichte es mir auch, die Stellen mit Leben zu füllen, an denen ich nicht hatte weiterschreiben können. Ich schuf logische Übergänge anstelle seltsamer Lücken.
Das Manuskript umfasst mittlerweile knapp 60.000 Wörter in Scrivener (das ist das Schreibprogramm, das ich benutze). Die Überarbeitung mache ich in der Buchsatz-Software Vellum. Dort kann ich sehen, wie das fertige Buch im Print aussehen würde oder beispielsweise auf meinem Kindle Paperwhite. Auch dazu habe ich einen ausführlichen Beitrag in meinem Autorenblog.
In der Vellum-Printbuch-Ansicht bin ich mit dem fertig überarbeiteten Textteil jetzt auf Seite 137 bei einer Taschenbuchgröße von ca. 13 x 20 Zentimetern. Hinten raus habe ich noch eine Menge "halbgaren" Text, etliche offene Fragen und reichlich NICHTS ;-)
Der Plan für heute beinhaltete, noch zwei Seiten in Vellum zu überarbeiten (ich kopiere den "hübscheren" Text anschließend zurück nach Scrivener), Szenen zu verschieben und dazu Übergänge zu schaffen. Damit hätte ich dann mindestens bei Seite 145 landen sollen. Stattdessen habe ich euch nun meine Arbeitsweise erklärt, und hoffe, dass es für euch interessant war.
Und der Tag ist ja auch noch nicht vorbei.
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